Vorbemerkung des Herausgebers:

Der folgende Artikel, den wir in drei Teilen versenden, ist ein Auszug aus dem Buch »Herausforderung Transformation« (Kapitel 2 des Buches) von Martin Scott.

Kapitel 2

Das Grundmuster

Im Vorwort habe ich davon gesprochen, dass ich am Anfang meiner Gebetsarbeit für Städte und Regionen den Schwerpunkt hauptsächlich auf Einheit und auf gemeinsames Gebet legte. Diese zwei wichtigen Elemente habe ich seitdem weiterentwickelt und in diesem Kapitel werde ich aufzeigen, wie ich das inzwischen sehe. Und ich glaube, dass es eine weitere Komponente gibt, die diesen beiden hinzugefügt werden muss – die Verwaltung der Räume, die sich durch unser Gebet für das Reich Gottes geöffnet haben. Noch etwas: Das Neue wird nur auf einem Hintergrund entstehen und gedeihen können, der zwei bestimmte Merkmale aufweist: Gerechtigkeit und übernatürliche Zeichen (Wunder). Diese beiden Merkmale sind untrügliche Anzeichen dafür, dass Gottes Königreich hereinbricht. Im Folgenden gehe ich auf diese fünf Aspekte ein, die wir kultivieren müssen.

Die wichtigste Komponente ist meines Erachtens, dass die Kirche das Land auch in Besitz nimmt, das sie dem Feind entrissen hat. Wenn wir hierin nachlässig sind, werden wir viel weniger Veränderung erleben, als wir aufgrund unserer Gebetsarbeit erwarten würden.

Die drei Komponenten für Transformation sind also:

* Anerkennung der Einheit des Leibes

* Gebet, das alle Lebensbereiche abdeckt

* Inbesitznahme der geräumten Gebiete durch gottgefällige Haushalterschaft.

Die beiden Elemente, die die erneuerte Stadt prägen sollen, sind Gerechtigkeit und  das Einbrechen von Gottes Wirklichkeit durch übernatürliche Zeichen.

Im Folgenden werde ich auf diese Aspekte oder Bedingungen für Transformation näher eingehen.

Die Einheit des Leibes

Durch die Briefe des Paulus bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es an einem Ort nur einen Leib gibt. Paulus schrieb an eine einzige Kirche an einem Ort, obwohl er sich sehr wohl bewusst war, dass diese Kirche in vielen verschiedenen Gruppen zusammenkam. So schrieb er zum Beispiel »an die Gemeinde in Korinth« (1. Korinther 1,2). In seinem Brief stellte er fest, dass sich diese Gemeinde in verschiedenen Häusern versammelte und nicht unbedingt gemeinsame Gottesdienste feierte – ohne dies im Geringsten zu kritisieren.

Veranschaulicht wird das auch durch eine Stelle im Römerbrief. In Römer 16,3-5 lesen wir eine Anweisung an die Empfänger des Briefes: Sie sollten die Gemeinde grüßen, die sich an anderswo in der Stadt traf – im Hause von Priska und Aquila.

Die Gläubigen trafen sich in verschiedenen Häusern, aber Paulus setzte sich sehr dafür ein, dass die Gemeinde bei aller Unterschiedlichkeit doch eine Einheit blieb. Er wies die zurecht, die sich abspalteten oder einem bestimmten Apostel zugehörig fühlten (siehe 1. Korinther 1-3).

Für viele Menschen ist die mangelnde Einheit der Kirche (ihre Spaltung) ein großer Stein des Anstoßes, ein Skandal. Wir wollen nicht naiv sein: Wir haben noch einiges an Hausaufgaben zu machen und uns mit manchen Themen noch näher befassen, um wirklich in Einheit leben zu können. Aber solange wir nicht selbst danach streben, unseren Teil zur Versöhnung des Leibes beizutragen, können wir nicht ernsthaft auf Veränderung hoffen. Eine Einheit auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners wird nicht viel bewirken. Wir müssen unbedingt aufhören, andere Formen und Glieder des Leibes Christi als Konkurrenz oder Bedrohung anzusehen. Dieses Denken müssen wir weit hinter uns lassen!

Im Bestreben, die Einheit des Leibes Christi in einer Stadt zum Ausdruck zu bringen, müssen wir uns fragen, was die Hindernisse sind, die aus dem Weg geräumt werden müssen und wie diese Einheit aussehen könnte, eine Einheit, inmitten einer gesunden Vielfalt.

Die unterschiedlichen Gebete der Heiligen

Paulus schreibt: »Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist« (Epheser 6,18) und deutet mit seiner Wortwahl darauf hin, dass wir nicht vorschnell die eine Art des Gebets oder Gebetsstils als richtig bewerten und die andere als falsch abtun dürfen. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir zuerst einmal die Grundsatzentscheidung treffen, jede Art von Gebet zuzulassen und zu praktizieren.

Diese Vielfalt von Gebetsstilen wird sehr dazu beitragen, hinderliche Mauern zu beseitigen - man könnte auch sagen, ungute Konsequenzen aus früheren Ereignissen ungeschehen zu machen. Dies wird einer Stadt helfen zu erkennen, was Gott schon immer mit ihr vorgehabt hat und immer noch vorhat. Wenn wir gelernt haben, diese Gebets-Vielfalt zu kultivieren, werden wir einen Schlüssel für den Durchbruch in unserer Hand halten.

Inbesitznahme durch gottgefällige Haushalterschaft

Wir haben gelernt, auf Begriffe wie »herrschen« oder »regieren« misstrauisch oder zumindest vorsichtig zu reagieren, da sie oft für sündiges Verhalten des gefallenen Menschen stehen. Hier geht es aber nicht um Diktatur oder Machtmissbrauch. Im Reich Gottes bedeutet »herrschen«, dass wir danach streben, uns zuerst Gott unterzuordnen. In dieser Haltung der Demut werden wir Gottes Ordnung zu verwirklichen und Gottes Pläne umzusetzen suchen. So wachsen wir in unsere Berufung hinein.

Wenn wir im Gebet die Auswirkungen der Vergangenheit ungeschehen gemacht haben, ist es wichtig, dass wir all die freigewordenen Räume in Besitz nehmen, bzw. füllen und bewohnen. In Matthäus 12,43-45 lehrt Jesus, dass, sobald ein böser Geist vertrieben ist, das leergewordene »Haus« wieder bezogen, bewohnt, gefüllt werden muss. Daher ist es wichtig, dass die Kirche (nicht die Kirche als Institution, sondern das Volk Gottes) aufsteht und ihren Platz in der Gesellschaft einnimmt. Veränderung kommt auch dadurch zustande, dass die Kirche eintaucht in die Welt um sie herum.

Es ist von entscheidender Wichtigkeit, wie sich das Volk Gottes in die Gesellschaft einbringt: nicht indem es über sie herrscht und ihr Lasten auflegt, sondern indem es sich in einer dienenden Haltung unter sie mischt und mittendrin lebt.

Zwei Bedingungen für die gesunde Ausbreitung von Gottes Königsherrschaft:

Gerechtigkeit

Die Propheten des Alten Testaments erhoben ihre Stimme zu einer Zeit, als die Machthaber in Israel sich um Gerechtigkeit keinen Deut scherten. Die Gesetze Gottes für jeden Lebensbereich Seines Volkes Israel sind geistlicher Natur. Sie bewerten aber nicht nur Gut und Böse im persönlichen Leben jedes einzelnen, sondern haben auch eine ökonomische und soziale Dimension. Das Reich Gottes will durch Gerechtigkeit zum Ausdruck kommen. Wenn wir ernsthaft Veränderung wollen, dürfen wir diesen Aspekt nicht länger ausblenden. Gerechtigkeit ist mehr als nur eine Zutat – sie ist der Rahmen für jede positive Entwicklung.

Übernatürliche Zeichen


Als Johannes der Täufer wissen wollte, wer Jesus nun wirklich war (siehe Matthäus 11,2-6), schickte er Jünger zu ihm, um Ihn zu fragen: »Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?« Jesus antwortete nicht direkt, sondern trug ihnen auf, Johannes zu berichten, was sie hörten und sahen. Sie sollten Johannes von den Wundern berichten (und auch, dass die Armen die Gute Nachricht hörten). Wenn das Reich Gottes hereinbricht, wird es ganz selbstverständlich von solchen Zeichen begleitet sein – auch als Bestätigung und Beweis.

In den einleitenden Versen der Apostelgeschichte schreibt Lukas, dass sein erstes Buch (das Lukasevangelium) ein Bericht davon war, was Jesus begonnen hatte zu tun und zu lehren. Die Apostelgeschichte ist folgerichtig die Fortsetzung der Taten und Lehre von Jesus durch Seinen Leib. Manche behaupten, man könne heute nicht mehr erwarten, dass das Reich Gottes auf unerklärliche Weise und mit übernatürlichen Begleiterscheinungen in unsere Welt einbricht. Für solche Lehren gibt es keinerlei Grundlage; wie damals zur Zeit der Apostelgeschichte gehören solche Zeichen einfach dazu!

Wann immer Gerechtigkeit sichtbar wird, kann dies als ein übernatürliches Zeichen angesehen werden, da vor Gerechtigkeit immer Herzensveränderung stattfinden muss. Aber Gerechtigkeit ist etwas, das auf der Erde wächst; Heilungen und Wunder hingegen stammen aus einer anderen Dimension. Es braucht beides, Gerechtigkeit und Wunder, wenn Gottes Herrschaft sich ausbreiten soll. Beides ist Zeichen für die Ausbreitung des Reiches und die Gegenwart des Königs.

Der Ausdruck »übernatürlich« mag ungewohnt und missverständlich sein, aber ich möchte durch dieses Wort auf etwas hinweisen, das zur »kommenden Welt« gehört. Es ist nicht von dieser Welt, aber es bricht ein in unser Hier und Jetzt – und zwar so, wie wir es mit unserem menschlichen Denken nicht erwarten würden und naturwissenschaftlich nicht erklären können. Dieses Grundmuster kann wie folgt dargestellt werden:

In den nächsten Kapiteln möchte ich dieses Grundmuster weiter ausbauen, aber im Moment reicht die eine Feststellung: Wir müssen alles Konkurrenzdenken ablegen und erkennen, dass im Leib Christi genug Raum ist für eine Vielfalt von Ausdrucksformen. Nur so bekommen wir eine weite Sicht für den Leib Christi, und nur der Leib Christi ist in der Lage, den uns von Gott gegebenen Auftrag auszuführen. Transformation ist nicht etwas für einige wenige und wird nicht in unseren vier Wänden geschehen, sondern der ganze Leib ist gefordert, im Rahmen der ganzen Schöpfung – in aller Welt.

Dabei dürfen wir den »Schlauch«, die äußere Form der Kirche, nicht außer Acht lassen. Viele unserer »Weinschläuche« sind untauglich für Transformation. Aber es muss auch gesagt werden, dass der erste Schritt nicht sein kann, dass wir die Form verändern. Weinschläuche produzieren keinen Wein. Zuerst müssen wir unser Denken verändern, damit wir uns danach sehnen, dass alle Heiligen Jesu Christi die Vollmacht erkennen und annehmen, die Gott ihnen verliehen hat. Und das wird unweigerlich eine Veränderung des Weinschlauchs nach sich ziehen: Entweder durch die Anerkennung dieser Bevollmächtigung der Heiligen oder aber, weil der Leib die ihm unrechtmäßig auferlegten Fesseln abschüttelt, wenn er seine rechtmäßige Stellung innerhalb von Gottes Schöpfungsordnung wieder gefunden hat. Die Kirche braucht ein gewisses Maß an Organisation, aber unser Hauptaugenmerk muss darauf liegen, die Heiligen auszurüsten und freizugeben für das, wozu sie berufen sind. Dieses Zurüsten und »Senden« des Leibes ist wesentlich wichtiger als die Veränderung der Form. Aber ersteres wird große Auswirkungen haben auf das letztere.
 
Fortsetzung folgt…

Martin Scott
3 Generations



Hinweis zu Martin Scott:

Martin Scott ist weithin als Gebetsleiter und -stratege mit einer starken, prophetischen Begabung bekannt. 1998 begann er unter dem Schirm von »Sowing seeds for Revivial« mit Teams in verschiedene Gebiete zu reisen, um Einheit und ortsbezogene Gebetsstrategien zu fördern. Dies führte ihn durch viele europäische Länder, nach Kanada, Brasilien und in die USA. Für sein einzigartiges Forschungsprojekt über »Die Eschatologie der Neuen Gemeindebewegung« erhielt er von der Brunel Universität den Master in Theologie. Er ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. »Herausforderung Transformation« und »Willkommen in der Zukunft«.

Übersetzung:
GrainPress

Vorbemerkung des Herausgebers:

Der folgende Artikel, den wir in drei Teilen versenden, ist ein Auszug aus dem Buch »Herausforderung Transformation« (Kapitel 2 des Buches) von Martin Scott.


Kapitel 2 (Teil 2)

Land gewinnen durch Beziehungen

1996 sagte der Herr zu mir, dass ich irgendwann Sackleinen kaufen solle. Im Februar 1998 sagte Er mir beim Joggen, dass es jetzt soweit sei. Dieses Reden Gottes war so klar, dass ich heute noch die Stelle weiß, an der Er mir das sagte. Sackleinen gibt es nicht an jeder Ecke, aber ich fand welches und ein Freund nähte mir tragbare Kleidung daraus. Ich fragte mich, was das bedeuten sollte, und Gott erklärte mir manches. Im Frühjahr 1998 hatte ich das Vorrecht, auf verschiedenen Veranstaltungen einiges davon weiterzugeben. Und seit dieser Zeit ist es mein Bestreben, diese Botschaft auch auszuleben.

Im März 1998 trug ich auf einer Konferenz drei Tage lang dieses Sackleinen. Am dritten Tag hatte ich das Privileg, öffentlich zu den Konferenzteilnehmern zu sprechen. Ich stand da in meiner nicht gerade eleganten Kleidung und sagte:

Gott ruft die Kirche dazu auf, neue Kleider anzuziehen, die Kleidung der Demut. Wir müssen unsere bisherige Kleidung ablegen und erkennen, dass wir versagt haben – wir haben unsere Verantwortung gegenüber unserer Nation nicht wahrgenommen. Wir müssen uns demütigen und dann über unsere selbstgebauten Mauern hinausschauen und uns ausstrecken zu unserem Umfeld – unserer Stadt, unserer Region. Wir brauchen Demut, um zum Wohle unserer Umgebung neue Beziehungen aufzubauen. Bisher hielten wir guten Kontakt zu denen, die mit uns auf einer Stufe standen, mit denen wir einer Meinung waren oder deren Ziele auch die unseren waren. Wir haben die Beziehungen gepflegt, die uns etwas nützten. Das muss sich ändern, so geht es jetzt nicht mehr. Ich sage nicht, dass wir unsere bisherigen Beziehungen abbrechen sollen, aber sie dürfen uns nicht davon abhalten, auch Beziehungen zum Besten der Stadt aufzubauen. Und vielleicht müssen wir doch einige unserer bisherigen eigennützigen Kontakte opfern, weil wir nicht mehr die Zeit dazu finden. Wir müssen aus dem Zug der Gewohnheiten aussteigen – dieser Zug endet hier. Jetzt ist es Zeit, an neue, unbekannte Orte zu reisen.

Unter anderem sprach ich auch über Gebetsteams, die von Stadt zu Stadt reisen werden, über neue, bisher unbekannte Propheten, von denen viele »andere Kleidung« tragen (und man sie deshalb nicht auf Anhieb als Propheten erkennt und einordnet). Ich sprach von Menschen, die vor Gott Gelübde ablegen und als Zeichen dafür sogar ihren Kopf kahlscheren werden (besonders unter den Jugendlichen). Dies wird eine entscheidende Zeit sein – wie werden wir reagieren? Werden wir Gottes Handeln erkennen und mit Ihm vorangehen?

Damals verstand ich kaum, wie grundlegend diese Worte für das sein würden, in was mich der Herr hineinführen würde. Doch an meiner Überzeugung hat sich nichts geändert: Wir brauchen solche Beziehungen und deshalb müssen wir es zulassen, dass Gott uns in Demut miteinander verbindet. Wenn wir das versäumen, werden wir vielleicht vorübergehend Erfolg haben, aber in Wirklichkeit wird die Stadt die Kirche prägen und nicht die Kirche die Stadt, wie es Jesus eigentlich gewollt hat.

Wenn wir Einfluss nehmen wollen auf unsere Städte und Regionen, brauchen wir Menschen »mit einem anderen Geist«, die aber inmitten ihrer Stadt leben und mit ihr verflochten sind. Im Folgenden möchte ich mein Verständnis des Wortes »Stadt« genauer erläutern und darlegen, wie mächtig dieses Konzept ist und wie wichtig es ist, dass wir in dieser unserer Umgebung beziehungsorientiert leben und dabei eine dienende Haltung einnehmen.

Prägen wir unsere Stadt – oder lassen wir uns von ihr prägen?

Wenn die Schrift das Wort »Stadt« benutzt, beschreibt sie damit wirkliche Städte; aber man kann ohne Weiteres dafür auch jede andere Gemeinschaft von Menschen einsetzen, sowohl einen Ballungsraum und sogar eine ganze Nation oder auf kleinerer Ebene auch Institutionen wie z.B. Schulen, Vereine, Firmen oder sogar Kirchengemeinden.

Die Grundlage für ein solches Verständnis finden wir im hebräischen Denken: Jede Gemeinschaft ist größer als die Summe aller ihrer Individuen, sie steht über ihnen und beeinflusst diese. Diese Sichtweise steht der extremen Form des Individualismus der 1980er Jahre diametral entgegen. Unsere Premierministerin in Großbritannien, Margaret Thatcher, sagte in einer ihrer Ansprachen: »So etwas wie Gesellschaft gibt es nicht.«

Nun, unser Alltag hat uns dennoch ein gewisses Verständnis von Gemeinschaft vermittelt, wir sprechen zum Beispiel von einer guten Schule, dem Miteinander in einem Fußballverein oder sogar dem Zusammenhalten einer Stadt – und nennen das »Gemeinschaftsgeist«. Dieser Sprachgebrauch führte dazu, dass einige Philosophen die Vorstellung ablehnen, dass es dämonische Geister gibt und stattdessen davon ausgehen, dass »Dämon« nur ein antiquierter Ausdruck für den Geist einer Organisation sei. Tatsächlich ist das jedoch kein Widerspruch – wenn wir verstehen, dass sich dämonische Kräfte an den »Gemeinschaftsgeist« anhängen und so diesen verstärken. So bringen sie alle Menschen, die zu dieser Gruppe gehören, unter denselben Einfluss, unter dieselbe Bindung.

Eine Organisation oder Stadt ist nicht absolut unabhängig von den Leuten, die sie umfasst, aber diese Organisationen haben einen »Geist«, der über den Einzelpersonen steht und auf den diese keinen Zugriff haben. Deshalb wird eine Stadt nicht einfach nur geprägt von den Individuen, die momentan in ihr leben, sondern es ist die Dynamik der Stadt als Gemeinschaft, die die Individuen prägt.

Die meisten meiner Leser werden bereits in einer Gemeinde mitgearbeitet haben und sie haben über die Jahre hinweg vielleicht auch verschiedene Gemeinden kennengelernt. Sie können wahrscheinlich bestätigen, dass dieses Prinzip auch für die Kirche gilt. Jede Gemeinde, jedes Beziehungsnetz sollte ihre eigene Identität entdecken und ausleben – und damit auch die eigene, spezifische Berufung.

Jede Gruppe und jede Gemeinde steht in der Gefahr, im Lauf der Zeit die ursprüngliche Berufung – nämlich zu dienen – aus den Augen zu verlieren. Dann werden die Diener zu Konsumenten und wollen sich bedienen lassen. In jeder Körperschaft gibt es eine natürliche Tendenz, die ihr angehörenden Menschen zu eigenen Zwecken zu benutzen. Das heißt, die Menschen, ihre Fähigkeiten, ihre Zeit und nicht zuletzt ihr Geld müssen dann dazu dienen, das Überleben der Gemeinschaft abzusichern. Darum glaube ich, dass in jeder christlichen Gemeinde oder Organisation in regelmäßigen Abständen (vielleicht einmal im Jahr?) so etwas wie ein kollektiver »Befreiungsdienst« stattfinden sollte. Damit meine ich in etwa folgendes: Diejenigen, die sich mit dieser Körperschaft identifizieren, stellen wieder einmal unmissverständlich klar, dass sie als Menschen zuallererst dazu da sind, Gott zu dienen und nicht der Gruppe. Sie müssen allen deutlich machen, dass nicht der Fortbestand der Gruppe das Ziel sein kann, sondern dass die Gruppe nur dazu da ist, die Absichten Gottes zu verfolgen. Sollte eine christliche Gruppe ein Gebäude benutzen oder gar besitzen, wäre es sogar gut, wenn sie ihre Hände auch auf dieses Haus legten und erklären würden, dass nicht sie dem Gebäude dienen, sondern dass das Gebäude Gott dient.

Die Stadt in der Bibel

Der Schöpfungsauftrag (siehe 1. Mose 1,28) betrifft zwei Bereiche: die Familie (seid fruchtbar und mehret euch) und die Herrschaft über die Erde (untertan machen und regieren). Die Familie (und in der Erweiterung alle Beziehungen) steht ununterbrochen unter Beschuss, da Beziehungen ein Spiegelbild Gottes sind. Genauso wird der Herrschaftsbefehl ständig angefochten und in Verruf gebracht durch Machtmissbrauch. Zu oft wird Autorität nicht in dienender Haltung ausgeübt, sondern diktatorisch und unterdrückend. Eine Stadt zu bauen gehört zu unserem Herrschaftsauftrag. Am sechsten Tag war die Schöpfung beendet, aber sie ist dennoch nicht abgeschlossen; es hat sich nur die Methode geändert. Von da an hat Gott den Menschen als Mitarbeiter eingesetzt und berufen, mit Ihm zusammen die Erde zu füllen und sich untertan zu machen. Daher könnte es sein, dass Teile der Schöpfung, besonders solche, die wir in Zusammenarbeit mit Gott gestaltet haben, das Feuer des Gerichts überstehen.

Kain baute die erste Stadt und benannte sie nach seinem Sohn Henoch (siehe 1. Mose 4,13-17). Diese Stadt ist mehr als nur eine einfache Erfüllung des Schöpfungsgebots. Sie wurde nach dem Sündenfall gebaut und ist somit selbst »sündig«, und dennoch ist sie mehr als »einfach nur sündig«: Sie wurde in der Gottesferne gebaut, das ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass Kain auch weiterhin Gottes Wege verachtete. Er gibt der Stadt den Namen seines Sohnes und scheint sich damit ein ewiges Denkmal setzen zu wollen. Diese Stadt repräsentiert eine Alternative zur Gemeinschaft mit Gott – das ist der Versuch, sich auch ohne Gott sicher und bedeutend zu fühlen. Falsche Gemeinschaft in der Gottesferne ist immer die Tendenz einer Stadt, es sei denn, sie wird in Schach gehalten durch den Gehorsam des Volkes Gottes.

Der zweite Stadtgründer ist Nimrod (siehe 1. Mose 10,8-12). Dieser kriegerische König gründete Städte als Zentren militärischer Macht und deshalb werden seine Städte zum Symbol der Unterdrückung. Beide Städtegründungen zeugen von dem Streben nach Unabhängigkeit von Gott und dem Verlangen nach Identität und Macht.

Von da an zentriert sich ein Großteil der biblischen Geschichte auf Städte: Babylon und Ninive, Sodom und Gomorra, Tyrus und Sidon, Rom und Jerusalem, Damaskus, Antiochia, Ephesus und viele mehr.

Die berühmteste der frühen Städte ist Babel, wo Menschen zusammenkommen mit dem Wunsch, sich selbst einen Namen zu machen und beisammenbleiben zu können (siehe 1. Mose 11,4). Babel bleibt unvollendet und symbolisiert damit, dass keine von Menschen errichtete Stadt ihr Ziel vollständig erreichen kann, denn nichts kann die verlorene Gegenwart Gottes ersetzen oder den Wunsch der Menschheit nach Gemeinschaft und Bedeutung erfüllen. Babel ist nicht nur unvollendet, sondern auch durch und durch rebellisch. Sie unterwirft sich nicht unter den Gott, der sich zu den Menschen herabneigt, sondern ist auch Symbol für den vergeblichen Versuch, durch selbsterarbeitete Bedeutung den Himmel zu erstürmen. Die Stadt wird damit zum Ausdruck und Symbol der Rebellion par excellence, der Rebellion, die sich weigert, sich Gott zu unterwerfen und in Unterordnung zu leben.

Das führt uns (einmal mehr) zu dem Gedanken, dass der Sündenfall eine dreifache Rebellion verursacht hat:

* Rebellion des Einzelnen

* gemeinschaftliche Rebellion der Städte, der gefallenen Strukturen

* satanische Rebellion

Jede Stadt (oder Institution) wird in sich dieses Babylonische haben, das hervortreten und sich selbst groß machen möchte. Das hat in einem solchen Ausmaß Gültigkeit, dass sogar Jerusalem, die »Stadt des Shalom«, also die Stadt des Friedens sein sollte, selbst babylonisch wird (siehe den verurteilenden Kommentar über das irdische Jerusalem in Offenbarung 11,8). Die große prophetische Stadt wird zur Stadt, die die Propheten tötet (siehe Lukas 13,34). Nur das Neue Jerusalem, das von Gottes Thron herabkommt, kann das babylonische Wesen in dieser Stadt besiegen und sie zu ihrer Bestimmung zurückbringen (siehe Offenbarung 21,1). Das gilt nicht nur für Jerusalem – Gott möchte auf jede Stadt herabkommen und die Stadt verändern, damit sie in ihre von Gott geplante Bestimmung hineinkommt. Gleichzeitig wohnt jeder Stadt ein wachsendes babylonisches Element inne. Der Fortschritt der Transformation zu dem hin, was Gott geplant hat, wird in Teilschritten erfolgen. Vor der parousia werden wir sicher keine Vollkommenheit erreichen, trotzdem müssen unsere Gebete auf eine grundlegende Veränderung unserer Stadt abzielen, so dass Gott Raum bekommt und mit Seiner Herrlichkeit gerne bei uns wohnt. Und in diesem Sinne ist jede Stadt eine Mischung aus Babylon und dem Neuem Jerusalem.

Die Ursprünge einer Stadt oder Institution

Menschen kommen zusammen und haben eine Vision (die sie vielleicht schon genau definieren können – oder die noch sehr vage ist und keiner weiß genau was daraus wird). Gemeinsam arbeiten sie daran, dass ihre Vision Wirklichkeit wird. In diesem Stadium besitzt die Stadt ein gewisses Maß an Flexibilität und ist leicht formbar. Alles, was in diesem Stadium an Gedanken, Wünschen und Strategien hineingesteckt wird, wird zur DNA und damit ausschlaggebend für die zukünftige Entwicklung.

Die Stadt soll also die Absichten ihrer Gründer erfüllen. Deshalb ist es von grundlegender Bedeutung für unsere Gebetsstrategie, dass wir die »Grundmauern« der Stadt kennenlernen, um die gegenwärtigen Probleme der Stadt zu verstehen und angehen zu können. Eine der Schlüsselfragen ist immer: »Warum gibt es diese Stadt hier?«

Wenn eine Stadt gegründet wird, bekommt sie einen Namen. Durch die Namensgebung erhält sie eine Identität und im Laufe der Zeit wird sie auch etwas wie einen eigenen Charakter, eine eigene Persönlichkeit entwickeln. Wenn wir für eine Stadt beten, wollen wir durch geistliches Unterscheidungsvermögen und durch Nachforschungen die wahre Identität der Stadt kennenlernen.

Die sich entwickelnde Stadt

Mit der Zeit nimmt die Organisation oder Stadt festere Formen an und beginnt sich zu entwickeln. Dabei gewinnt sie ein gewisses Maß an Unabhängigkeit. Obwohl dieser Gedankengang unserem westlichen Denken fremd ist: Es entwickelt sich ein »gemeinsamer Geist«. Und während sich diese unabhängige Persönlichkeit kristallisiert, wird sie zunehmend unabhängig von ihren Gründern. Anstelle wie zu Beginn von den Menschen geformt zu werden, wird sie nun selbst zur prägenden Instanz für die in ihr lebenden Menschen.

Im Laufe der Zeit wird die noch junge, sich entwickelnde Stadt immer starrer und widerstandsfähiger gegenüber Veränderung. Wem fällt hier nicht der universelle Satz ein, der den Widerstand gegen Veränderung so schön darstellt: »Wir haben das noch nie gemacht und wir werden auch jetzt nicht damit anfangen!« Die Stadt (oder Institution oder sogar die Gemeinde), die ursprünglich geschaffen wurde, um den Menschen zu dienen, benutzt an diesem Punkt ihrer Entwicklung Menschen und Ressourcen, um sich selbst zu dienen. Sie fordert Loyalität, Selbstverpflichtung und Gehorsam ihrer Mitglieder oder Bewohner und belohnt die, die besonders nützlich sind. (Ich unterscheide zwischen »Loyalität« und »Treue«: In Beziehungen ist Vertrauen und Treue gefragt, Systeme fordern bedingungslose Untertanentreue, »Treue bis zum letzten Mann«, »Nibelungentreue«. Loyalität bringe ich hier mit Missbrauch in Verbindung.)

Ich muss hier unbedingt noch anfügen, dass die Entwicklung einer Stadt beständig voranschreitet, aber sie muss nicht unbedingt gleichmäßig erfolgen. Die Wachstumsrate variiert, von Zeit zu Zeit muss manches neu definiert werden. Diese Phasen des tiefen, radikalen, schmerzhaften Wandels laden geradezu ein, sich geistlich zu engagieren: Die Zukunft der Stadt ist dann weit leichter und nachhaltiger zu beeinflussen als sonst.

Ich kann mich erinnern, wie ich in Leeds war und fragte, wo die Obelisken der Stadt seien. Nun, keiner wusste irgendetwas von irgendwelchen Obelisken in Leeds. Ich hatte aber das Gefühl, dass die Stadt in einer Phase der Neudefinierung war. Ich erklärte ihnen, dass eine Stadt in solchen Momenten immer zurückkehrt zu ihren babylonischen Wurzeln und diese neu festigt. Einer der Anwesenden, ein Mitglied des Stadtrats, bestätigte meine Aussage: Genau das stand zurzeit auf der Tagesordnung der Sitzungen. Er berichtete, dass die Stadt plante, einen Teil des Zentrums umzugestalten – vor einem der markantesten Gebäude sollten rechts und links des Eingangs Obelisken aufgerichtet werden. Sehr interessant! Schon der Eingang zum Tempel des Sonnengottes in Ägypten war beidseitig durch Obelisken betont (Obelisken sind ein Indiz für freimaurerischen Einfluss). Das wollten wir uns ansehen, und es war der Mühe wert: Das betroffene Gebäude hatte Zwillingstürme im Stil der babylonischen Zikkurat-Türme, die auch noch von jeweils vier Obelisken umgeben waren! Es war so offensichtlich: In dieser Zeit der Neudefinition suchte die Stadt ihre ursprünglichen, götzendienerischen Wurzeln zu stärken.

Wann immer der Wunsch aufkommt, die Identität neu zu definieren, besteht in diesem Moment eine besondere Chance, die Zukunft der Stadt zu beeinflussen. Das ist vergleichbar mit der Erziehung und Prägung eines jungen Menschen: Es gibt Entwicklungsphasen, in denen Erlebnisse und Sätze weit tiefere und nachhaltigere Auswirkungen haben als sonst.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich eine Stadt von einer formbaren Masse zur unabhängigen Persönlichkeit entwickelt, die dann den Dienst ihrer Einwohner fordert und so instinktiv ihr Überleben sichert – um jeden Preis. Babylon, der Archetyp der rebellischen Stadt, sagt: »Ich bin eine Herrin für immer... ich werde keine Witwe werden noch ohne Kinder sein« (Jesaja 47,7-8). Sie wird überleben, auch wenn sie dafür vielleicht einige Menschenopfer bringen muss.

Martin Scott
3 Generations

Fortsetzung folgt….


Hinweis zu Martin Scott:

Martin Scott ist weithin als Gebetsleiter und -stratege mit einer starken, prophetischen Begabung bekannt. 1998 begann er unter dem Schirm von »Sowing seeds for Revivial« mit Teams in verschiedene Gebiete zu reisen, um Einheit und ortsbezogene Gebetsstrategien zu fördern. Dies führte ihn durch viele europäische Länder, nach Kanada, Brasilien und in die USA. Für sein einzigartiges Forschungsprojekt über »Die Eschatologie der Neuen Gemeindebewegung« erhielt er von der Brunel Universität den Master in Theologie. Er ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. »Herausforderung Transformation« und »Willkommen in der Zukunft«.

 
Übersetzung:
GrainPress

Vorbemerkung des Herausgebers:

Der folgende Artikel, den wir in drei Teilen versenden, ist ein Auszug aus dem Buch »Herausforderung Transformation« (Kapitel 2 des Buches) von Martin Scott.


Kapitel 2 (Teil 3)

Die Stadt ist gefallen und offen für das Dämonische


Die von gefallenen Menschen gegründete und geformte Stadt ist ein Spiegelbild der gefallenen menschlichen Kreativität. Es ist wichtig zu verstehen, dass »gefallen« nicht vollkommen böse bedeuten muss, denn was gefallen ist, kann immerhin wieder erlöst werden. Aber da die Stadt einmal »gefallen« ist und dem System dieser Welt angehört, wird sie immer zum Götzendienst tendieren, da sie ein Maß an Treue fordert, das alleine Gott zusteht. Die Stadt benötigt ihre Menschen, um ihr zu dienen und sie zu ehren – und wird Gott selbst die Anbetung streitig machen, die nur Ihm zusteht. Gott erklärt mit vollem Recht: »Ich bin Gott, und sonst keiner mehr, ein Gott, dem nichts gleicht« (Jesaja 46,9). Und was sagt Babylon? »Ich bin's, und sonst keine« (Jesaja 47,8). Oder Tyrus? »Ich bin ein Gott, ich sitze auf einem Göttersitz« (Hesekiel 28,2).

Beginnender Götzendienst öffnet die Tür für Dämonisierung, denn hinter Götzen stehen immer Dämonen (1. Korinther 10,10-20). Am Beispiel der Stadt können wir das sogar an dem hebräischen Wort »ir« festmachen, dieses Wort bedeutet sowohl »Stadt« als auch »von einem (Engel) bewacht«. In dem Begriff der Stadt ist die Vorstellung einer Engelsstreitmacht enthalten, die die Stadt bewacht. In Jesaja 14,12-14, diese Stelle kann man auch als Aussage über Satan verstehen, geht es um eine übernatürliche Macht, die hinter Babylon stand und niedergeworfen wurde. Das Gleiche finden wir wieder in Hesekiel 28,12-17, hier ist die Rede von Tyrus. Hinter der institutionellen Struktur steht eine geistliche Macht.

Wenn wir danach fragen, wo die Kraft einer Stadt liegt, müssen wir in eine andere Dimension schauen. Ein Extremfall ist Babylon in der Offenbarung, die als »die große Stadt« beschrieben wird, »die die Herrschaft hat über die Könige auf Erden« (Offenbarung 17,18). Die Könige sind also nicht die obersten Herrscher, sondern dienen schlicht und einfach den Absichten der Stadt. Die höchste Auflehnung ist erreicht, wenn die Stadt außer Kontrolle geraten und einfach nur noch böse ist.

Deshalb sind Städte und andere menschliche Organisationsformen so umkämpft: Die dämonische Welt braucht sie als Landeplatz auf dieser Erde, während Jesus sie zum Guten zu verändern sucht. Die politischen, ökonomischen und sozialen Machtpositionen einerseits und die geistlichen andererseits hängen immer zusammen: Wenn die Stadt weitgehend unter dämonischer Herrschaft ist, werden auch ihre Mächtigen an dämonische Kraftquellen angeschlossen sein.

Die Sünden der Stadt

Die Propheten nennen viele unterschiedliche Sünden in den Städten, von denen fünf besonders herausstechen:

Unterdrückung: Oft kommt sie in Form von Gewalt, Bestechlichkeit, Verleumdung und Gewaltherrschaft vor (Zephania 3,1: »Weh der widerspenstigen, befleckten, tyrannischen Stadt!« Siehe auch Jeremia 6,6; Hesekiel 22,6-12; Amos 4,1).

Götzendienst: Jeremia stellt die Frage: »Warum hat der Herr an dieser großen Stadt so gehandelt?« Und die Antwort lautet: Weil sie »andere Götter angebetet und ihnen gedient haben« (Jeremia 22, 8-9; siehe auch Nahum 1,14; Micha 5,11-16; vgl. Apostelgeschichte 17,16 und 19,34).

Blutvergießen: »Wehe der Stadt voller Blutschuld« (Hesekiel 24,6-9; siehe auch Habakuk 2,12; Jeremia 26,15; Hesekiel 22,3-4).

Sexuelle Zügellosigkeit: Sodom und Gomorra sind das klassische Beispiel für diese Sünde. Hesekiel 16 vergleicht die Sünde von Jerusalem mit der von Sodom und Gomorra (bemerkenswert ist auch, dass sexuelle Sünden und soziale Ungerechtigkeit hier in einem Atemzug genannt werden wie noch öfter in der Schrift; siehe auch Hesekiel 22,6-13; Nahum 3,4).

Stolz: Die Stadt wird in ihrer Unabhängigkeit arrogant und stur (siehe Zephania 2,15; ebenso Hesekiel 16,49; Jesaja 3,9; Hesekiel 27,3 und 28,2).

Jesus hat alle Mächte besiegt und ihrer Autorität entkleidet

In vieler Hinsicht kann gesagt werden, dass Jesus genau zur rechten Zeit auf unsere Erde kam. Er wurde hineingeboren in eine Nation, die politisch unter der Macht Roms stand, wirtschaftlich unter der Unterdrückung durch die herodianische Dynastie litt und religiös durch den gesetzlichen Nationalismus der Pharisäer eingezwängt war. Und hinter all diesen Zwängen standen jeweils starke dämonische Mächte, die den Druck noch verstärkten. Am Kreuz ordnete Jesus sich dem Willen Gottes unter und gegen diese Seine Unterwerfung kam der Feind nicht mehr an: Die rebellischen Mächte verloren ihre ganze Kraft, denn Unterordnung ist stärker als Rebellion, Liebe stärker als Hass. In der Autorität Jesu können wir nun dem Dämonischen entgegentreten und die Stadt wieder dahin zurückbringen, dass sie dem König dient, dem allmächtigen Gott. Jesus ist auferstanden, und seither hat Er alle Autorität im Himmel und auf Erden.

Die Kirche ist dazu da, von ganzem Herzen in die Fußstapfen Jesu zu treten: Sie soll Seinen Mantel aufnehmen und in derselben Haltung der Unterwerfung unter den Vater den Mächten entgegentreten. Veränderung ist ein Prozess und ein Kampf. Ein Großteil der Veränderung muss intern geschehen (sowohl in uns persönlich als auch zwischenmenschlich im Leib Christi). Wir brauchen auch eine Sicht des »herabkommenden« Königreichs Gottes, so wie Johannes das Neue Jerusalem von Gottes Thron herabkommen sah. Es ist sehr wichtig, dass wir eine Vision haben, dass wir wissen, was wir anstreben. Eine solche Vision erhält man im Gebet. Im Gebet empfangen wir Offenbarung und schließlich wird diese Offenbarung sichtbare, greifbare Realität.

Von der Offenbarung zur Verwirklichung

Gebet sollte uns an den Ort der Offenbarung führen, denn ohne Offenbarung wird nichts den Himmel verlassen. Wenn wir auf Gott warten, wird unsere Kraft erneuert und wir werden auffahren mit Flügeln wie Adler (siehe Jesaja 40,31) – wir sehen alles aus einer anderen Perspektive. Oft haben wir uns für einige Stunden abgesondert und verbrachten die meiste Zeit in Anbetung – wir haben einfach auf Gott gewartet, bis wir die geistliche Realität sehen konnten. Dabei sollten wir darauf achten, dass wir nicht vorschnell nach dem ersten Stückchen Offenbarung greifen und uns wieder verabschieden, sondern dranbleiben und weiter warten und so zulassen, dass Gott uns tiefer in die Offenbarung hineinführt. Als ich mich auf den Weg machte hin zur Transformation, habe ich Colin Easton Sprüche 19,2 zitieren hören: »Wer hastig läuft, der tritt fehl«, und ich habe es mir zur Regel gemacht, nicht zu hasten auf diesem Weg. Es ist so leicht, Vermutungen anzustellen über die empfangene Offenbarung oder so sehr davon begeistert zu sein, dass man unempfänglich wird für weitere Offenbarungen. Aber wenn wir in dieser wartenden Haltung verharren, kann sich diese Offenbarung noch vertiefen.

Offenbarung ist unverzichtbar, denn dadurch treten wir in Kontakt mit dem Himmel – die Schatzkammern des Himmels öffnen sich für uns. Offenbarung ist ein unentbehrliches Element und wir können sogar sagen, »nichts verlässt den Himmel, es sei denn es ist zuvor angeschaut worden«. Ich bin mir bewusst, dass das eine sehr starke Behauptung ist und ich werde versuchen, diese Aussage zu begründen. Zuerst, indem ich unsere allgemeine Erfahrung anspreche. Wir haben alle schon einmal die frustrierende Erfahrung gemacht, dass wir jemandem das Evangelium erklärt haben und dann feststellen mussten, dass die Botschaft selbst überhaupt nicht verstanden wurde. Ein anderes Mal wird diese Person aber offen sein und versteht nun die Botschaft tatsächlich. Was ist geschehen? Ganz einfach: die »Augen ihres Verständnisses« wurden aufgetan, mit anderen Worten: Sie hat eine Offenbarung empfangen. Bevor wir eine Offenbarung empfangen, treffen die Worte von Paulus voll zu, wenn er sagt »Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit« (1. Korinther 1,23 EIN). Für die Juden ist das Kreuz eine Beleidigung, denn wie kann eine öffentlich verfluchte Person (siehe 5. Mose 21,23) der von Gott auserwählte Erlöser sein? Die Heiden, die keinerlei Verständnis der Bibel haben, halten das Evangelium für eine Torheit, denn wie sollte jemand, der vor 2000 Jahren an einem weit entfernten, kaum bekannten Ort des gleichen Todes gestorben ist wie viele andere seiner Landsleute, die Erlösung bringen für alle, die ihm vertrauen? Wie kann es sein, dass durch seinen Tod die Nationen Heilung erfahren? Das Urteil steht fest: Skandal oder Blödsinn – so lange, bis Offenbarung dazukommt. Dann wird der Verfluchte erkannt als der, der an unserer Stelle den Fluch getragen hat, so dass wir alle gesegnet werden können. Man erkennt, dass der Tod dieses Mannes etwas ganz Anderes war als der Tod aller anderen, und dass durch den Glauben an Ihn auch Nichtjuden sich mit Ihm identifizieren und Sein Auferstehungsleben leben können.

Was vorher verschlossen war, ist nun zugänglich durch Offenbarung. Satan weiß darum und deshalb hat er, »der Gott dieser Welt, den Ungläubigen die Augen verblendet, damit sie das Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi nicht sehen, der Gottes Ebenbild ist« (2. Korinther 4,4, Übersetzung aus dem Englischen). Wenn die Augen eines Ungläubigen geöffnet werden, kann er das neue Leben empfangen – wir nennen das auch Wiedergeburt.

Meine zweite Begründung findet sich direkt in der Schrift. In Amos 3,7 finden wir eine erstaunliche Aussage: »Gott, der Herr, tut nichts, ohne sein Geheimnis vorher seinen Dienern, den Propheten, anvertraut zu haben.« Wir müssen diesen Vers aus dem Alten Testament an die veränderten Bedingungen des Neuen Testaments anpassen, da jetzt ja der Geist der Prophetie über die Kirche ausgegossen worden ist. Es gibt weiterhin Propheten, aber der gesamte Leib ist prophetisch geworden. Wenn wir das berücksichtigen, können wir etwa so sagen: »Gott, der Herr, tut nichts, wenn er es nicht vorher Seiner Kirche geoffenbart hat.«

Und das bedeutet doch, dass wir uns hauptsächlich darauf konzentrieren müssen, dass Gott uns etwas sehen lässt. Es ist so wichtig, dass die Kirche in einer bestimmten Region eine Offenbarung über ihre eigene Rolle empfängt. Die Region selbst muss ein Verständnis des Heilsplans Gottes bekommen und das, was Gott werden oder kommen lässt, muss willkommen geheißen werden.

Offenbarung an sich ist noch nicht alles, sie muss zum Gebet und zu angemessenen Handlungen führen, damit die Offenbarung freigesetzt wird. Diese Freisetzung, bzw. dieses »auf den Weg bringen« des Geschauten ist selbst ein Prozess. Wir sind aufgefordert, für das Kommen des Reiches Gottes zu beten und für alles, was dazugehört. So wird alles, was es im Himmel gibt, in diesem unserem Verantwortungsbereich auf der Erde sichtbar werden. Anders ausgedrückt: Es reicht nicht, wenn wir etwas durch Offenbarung sehen, wir müssen es dann auch »durchbeten«, bis wir sicher sind, dass es jetzt auch tatsächlich »abgesendet« und »unterwegs« ist.

Freisetzung geschieht nicht immer so leicht, sondern wir haben dabei oft mit großem Widerstand zu kämpfen. Darum ist es wichtig, nie zu vergessen, was wir im Gebet gesehen haben – das Geschaute muss durch Gebet »am Leben gehalten« werden. Im Gebet gibt uns Gott eine Vision (ohne Gebet laufen wir eher Fantasien und Wunschträumen hinterher, und nur weil es fromme Wünsche sind, ist es noch lange keine tragfähige, belastbare Vision). Diese gottgegebene Vision ist uns immer zehn Schuhgrößen zu groß. Sie wird angegriffen werden, aber wir rufen weiterhin im Gebet aus: Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden! In diesem Beharren wird unser Glaube wachsen, obwohl wir keine sichtbaren Anzeichen für Veränderung sehen. Und indem unser Glaube wächst, befördern wir sozusagen das, was wir als Offenbarung gesehen haben, zum himmlischen Paketdienst.

In manchen Gebieten, besonders wenn viel Freimaurerei vorhanden ist, kann es passieren, dass etwas in Bewegung kommt und dann reißt alles wieder ab. Dieses Prinzip der »Unterbrechung« habe ich so oft beobachtet im Zusammenhang mit starken Freimaurermächten. Auch wenn alles »unterschrieben, zugeklebt und ab die Post« zu sein scheint, kommt es doch nicht zur endgültigen Erfüllung der Verheißung. In diesem Fall müssen wir durchhalten, bis wir uns sicher sind, dass etwas in Bewegung gekommen ist. Zwar wird es zunächst keine sichtbaren Anzeichen geben, aber je mehr wir uns der Erfüllung der Verheißung nähern, desto mehr nehmen auch die äußeren Zeichen zu.

Ich glaube, dass wir unser ganzes Leben neu ausrichten müssen auf das, was uns als Gottes Wille offenbart wird. Wir müssen die Dinge im Blick behalten, von denen wir wissen, dass sie auf dem Weg zu uns sind und auf die Visionen sehen, die in unserer Umgebung bereits sichtbare Realität geworden sind.

So verändert sich unser Gebet: Aus der Bitte um Offenbarung (»Herr, öffne uns die Augen«) wird das Gebet, dass das, was wir geschaut haben, auch zu uns kommen soll. Hier kommt prophetische Proklamation ins Spiel: Gottes Wille geschehe, und alles, was noch Widerstand leistet, beuge sich! Und dann danken wir. Ergänzend stellen wir im Gebet noch fest, dass all das, was zu uns »unterwegs« ist, tatsächlich und dauerhaft auf Erden etabliert und nicht gestohlen werden wird.

Der Schlüssel in diesem Prozess ist unser zielgerichtetes Gebet und unsere adäquate Reaktion. Ich möchte es so erklären: Wenn mir Gott etwas offenbart und ich mich auf Position A befinde, muss ich dafür beten, dass die Offenbarung dem Willen und dem Zeitplan Gottes entsprechend hier auf Erden sichtbare Realität wird. Die Umsetzung wird zur rechten Zeit beginnen, aber um sie in Empfang zu nehmen, muss ich (zum Beispiel) auf Position D sein. Von meinem jetzigen Standpunkt, von Position A aus, kann ich sie nicht entgegennehmen. Obwohl die Erfüllung für meine Situation bestimmt ist, werden sich meine Umgebung und mein eigenes Verständnis für meine Situation verändert haben, bis die Erfüllung eintrifft. Deshalb ist es so einfach, Prophezeiungen im Nachhinein zu interpretieren! Ich frage mich, was Petrus wohl vor Pfingsten über Joel gepredigt hätte, wäre er dazu aufgefordert worden. Nach dem Erlebnis von Pfingsten war es leicht: »Dies ist das.«

Wir müssen dahin kommen, dass wir in den Himmel sehen; wir brauchen Vision, die das Unsichtbare sieht. Wir müssen unsere Ausdauer trainieren, bis das, was wir gesehen haben, den Himmel »verlässt« und auf dem Weg ist zu uns. In der Zwischenzeit müssen wir uns gefasst machen auf Veränderungen und sie begrüßen. Es ist unausweichlich: Zuerst werden Vorbereitungen und Veränderungen in uns selbst stattfinden, bevor wir die Verwirklichung dessen sehen, was uns zuvor nur in einer Vision gezeigt wurde. In dieser Zwischenzeit finden die Veränderungen in uns statt - denn letztendlich wirkt Er zuerst in uns, was Er dann durch uns wirkt.

Die folgende Grafik veranschaulicht das eben Gesagte.

Martin Scott
3 Generations

Hinweis zu Martin Scott:

Martin Scott ist weithin als Gebetsleiter und -stratege mit einer starken, prophetischen Begabung bekannt. 1998 begann er unter dem Schirm von »Sowing seeds for Revivial« mit Teams in verschiedene Gebiete zu reisen, um Einheit und ortsbezogene Gebetsstrategien zu fördern. Dies führte ihn durch viele europäische Länder, nach Kanada, Brasilien und in die USA. Für sein einzigartiges Forschungsprojekt über »Die Eschatologie der Neuen Gemeindebewegung« erhielt er von der Brunel Universität den Master in Theologie. Er ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. »Herausforderung Transformation« und »Willkommen in der Zukunft«.

Übersetzung:
GrainPress